25.03.12 Kulturguerilla

guerilla knitting am Kran
Heute abend am Bohlwerk, unter dem Historischen Kran, sitzen junge Frauen und - stricken. Stricken so was wie einen langen Schlauch aus bunter Wolle. "Wo soll der denn hin?" Als Antwort kommt ein kurzer Ruck mit dem Daumen nach oben, in Richtung Kran-Krone. "An den obersten Balken?" Man ist schon mit den "Leitersprossen" zufrieden, denn weiter oben ist doch zu hoch. Nun harren wir mal auf das Ergebnis. Es wird bestimmt bunt und lustig sein, ein kulturelles Happening der harmlosen Sorte am kulturellen Wahrzeichen des Museumshafens. Ähnlichen Schmuckt trägt auch der Baum am Nordertor. Ernst meets fröhlich. Und wie nennen sich die kreativen Strickerinnen? "Guerilla knitting", nennt sich diese recht junge Kulturbewegung.
Überhaupt die Kultur: Im Verein Museumshafen Flensburg e.V. nimmt das Thema "Kulturelle Verpflichtung" gegenüber den Unterstützern in Politik und Verwaltung am Beispiel der sogenannten "Gastlieger" einen breiten Raum ein. Andernorts kann jeder sein Schiff festmachen, der sich anständig benimmt und bei den Gemeinschaftsarbeiten freudig mitmacht. Hier jedoch kommt hinzu, dass jedes Schiff in engen Grenzen dem (historischen) Original entsprechen soll. Auch Gäste, die ihr Schiff längere Zeit festmachen möchten, sollen so der Diskussionsgegenstand, diesen Kriterien entsprechen. Schließlich kann der zufällige Besucher des Bohlwerks die Schiffe der Vereinsmitglieder (hochwertig) nicht von denen der Gäste (hochwertig sein sollend) unterscheiden. So weit so gut, man soll es sich auch nicht zu einfach machen.
Überhaupt die maritime Kultur. Da gibt es Sammlungsziele. Hier sind es ehemalige segelnde Berufsfahrzeuge der Ostsee und der angrenzenden Meere. Das kann ziemlich bieder werden, exotisches ist eher die Ausnahme.
LILLE BJÖRN
Glücklicherweise ist der Museumshafen nicht alleine in seinem Bemühen um die Bewahrung des maritim historischen Erbes. Der Nachbar, die Museumswerft, hat neuerdings einen etwas anderen Sammlungsschwerpunkt. Zumindest muss man das annehmen, wenn man den Neuzugang im Werfthafen betrachtet. Die Brigantine LILLE BJÖRN, mit dänischer Nationale am Heck und einer Sammlung von metallenen Aufbauten an Deck (reimt sich) liegt jetzt dort und versperrt den Blick auf den Arbeitsponton eines "Wal-Kriegers" und das ist auch schon das positive an der Meldung.  Beides zusammengenommen und die dahinter liegende MARIE dazugerechnet, ergibt sich nur ein logischer Schluss: Das Sammlungsziel ist die Epoche der Schiffshippies und Weltverbesserer der siebziger und achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Wurde auch mal Zeit, diese andernorts längst überwundene Epoche durch einen kulturellen Schwerpunkt auszuzeichnen. Dank an alle Beteiligten.