06.01.13 Moby Dick

Wer hat nicht schon einmal von ihm gehört, von dem sagenhaften Weißen Wal, dem Herman Melville seinen berühmten Roman gewidmet hat und mit ihm einer ganzen Epoche der Seefahrtsgeschichte? Dieses Buch der Weltliteratur erschien Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Walfang als Wirtschaftszweig in den Vereinigten Staaten von Amerika sich schon seinem Ende näherte. Nicht so im Rest der Welt, wo der Fang, einst Kampf Mann gegen Wal zu einem industrialisierten Vernichtungsfang pervertierte.

Gestern Abend hat ARTE einen sehenswerten Film aus dem Jahr 2000 unter dem Titel "Auf den Spuren von Moby Dick" gewidmet. Wer möchte, kann ihn hier noch während der nächsten sieben Tage aufrufen. ARTE über den Film:
Nachdem im frühen 17. Jahrhundert die Pilgerväter bei ihrer Landung mit der "Mayflower" auf Cape Cod von zahlreichen Walen vor der Küste Neuenglands berichtet hatten, wagten sich die ersten Siedler in offenen Booten aufs Meer hinaus. 20 Jahre lang beherrschten sie den Handel, der einen enormen Aufschwung nahm. Mitte des 19. Jahrhunderts stachen mehr als zwei Drittel der weltweit 900 Walfangboote von nordamerikanischen Häfen aus in See.
Jahrhunderte lang war die Walfischindustrie in den USA ein Wirtschaftsfaktor und verhalf Bereichen wie Schiffbau, Segeltuchherstellung, Böttcherei, Schmiedewesen und Seilerei sowie der Produktion von Öllampen, Schmiermitteln und Kerzen, aber auch dem Versicherungswesen zu Wohlstand. Auf seinem Höhepunkt zwischen Mitte des 18. und Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte der Walfang zu den Triebkräften der Industriellen Revolution und war Teil des amerikanischen Selbstverständnisses.
Fangflotten segelten zuweilen jahrelang um die Welt, um die gigantischen Meeressäuger zu jagen und abzuschlachten. Nach dem Harpunieren von kleinen Booten aus, wurden die Kolosse zum Hauptschiff geschleppt und in Fischbein, Fett und kostbares Walrat zerteilt. An Bord wurde der Walspeck in riesigen Tran-Siedern zerlassen. In ihrem Jagdfieber spürten die Menschen die weltweiten Walbestände auf und dezimierten sie. Geblendet von ihrer Gier, kümmerten sie sich wenig um die Konsequenzen ihres Handelns. "Der arme Wal ist zum Aussterben verurteilt", schrieb ein Walfänger bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, "oder er wird so stark ausgerottet, dass die wenigen überlebenden Exemplare die Gewinnsucht des Menschen nicht mehr anstacheln."
Wegen des weltweiten Rückgangs der Walbestände und der Entdeckung von Erdöl in Pennsylvania im Jahr 1859 kam der amerikanische Walfang bald danach zum Erliegen.
Der Dokumentarfilm verdeutlicht, dass das Walsterben eines der traurigen Symbole für den Wahnwitz und die kurzsichtige Profitgier der Menschen bleibt.
P.S.: schon im 17. und 18. Jahrhundert fuhren von Flensburg aus Schiffe auf Walfang in den Nordatlantik. Der Brahmsegelschoner ACTIV aus dem Museumshafen war vor kurzem Schauplatz einer Verfilmung des berühmten Romans.