09.03.13 Bullauge mit Lüttfischern

Gestern abend  gab es den vorletzten Vortragsabend der Reihe "Bullauge" des Vereins Museumshafen Flensburg. Diesmal waren zwei Themen angekündigt: Die Restauration des Lüttfischhafens, der neuerdings auch etwas vornehmer klingend "Jollensammlung" heißt. Hannes ließ das große Projekt, mit sehr schönen Bildern illustriert, Revue passieren. Er erzählte die Geschichte des Lüttfischerhafens von der ersten Ideenskizze bis zum Ende des Projektes am Tag vor der Rum-Regatta im letzten Jahr. Er überlegt, die Bilder für eine eigenen Beitrag in den HAFENMELDUNGEN verfügbar zu machen. Deswegen an dieser Stelle zweimal herzliches Dankeschön! Einmal für den Vortrag gestern, das andere mal für die gute Absicht.

Danach kam ein ebenfalls sehr interessanter Vortrag, jedoch mit ganz anderer Note. Man könnte ihn nennen: "Im Kielwasser von Terje Vigen".

Hännes
Zeichnung: W. Kühn
Hilding
HILDING
Quelle: Schiffshistorisches Archiv Flensburg
Nachdem der erste Vortrag auf die Frage antwortete, was zu tun ist um historischen Jollen ihren sicheren Liegeplatz zu erhalten, folgte ein Reisebericht besonderer Güte und ließ zu dem Thema "Was kann man mit einem sooo kleinen Boot denn überhaupt anfangen?". Das wollte uns Hennes erzählen. Als er mit dem Bericht von seiner Reise im Jahr 1994 fertig war, konnte man nur sagen "Donnerwetter".  Denn diese Reise hatte es wirklich in sich: Historisch, Seglerisch und sportlich. Aber der Reihe nach: Zunächst mussten sich die Wege zweier Menschen kreuzen: Der von Willem, dem Bootsbauer aus Norwegen und der von Hennes, dem Boots-Liebhaber. Nach einer Vorgeschichte wurde Hennes Eigner der HILDING, einer Arendal-Sjekte aus der Badbyggeri von Willem, der die Idee hatte, einer Episode aus der norwegischen Geschichte wieder Leben zu verleihen, in der Arendal-Sjekten eine wichtige Rolle spielten. Dazu muss man in der Geschichte weit zurückgehen bis zur Zeit Napoleon I. als Engländer alle Länder, die auf der Seite Frankreichs standen von See aus blockierten um sie von der guten englischen Sache zu "überzeugen". Das führte zu Hungersnot in Norwegen und da Not erfinderisch macht, versuchten Norweger mit kleinen Booten die Blockade zu brechen um Nahrungsmittel aus Dänemark zu holen. Dies erforderte eine Reise über das Skagerak, das an dieser Stelle etwa siebzig Meilen breit ist. Und damit die Blockadebrecher nicht von den unter Land patroullierenden englischen Kriegsschiffen entdeckt werden konnten, mussten die den ersten und den letzten Teil der Reise, in dem es zusätzlich durch gefährliche Schärenfahrwasser geht, in der Nacht zurücklegen. Diese Zeit wird in der Ballade  Terje Vigen von Henrik Ibsen besungen, die, wie wir erfahren in Norwegen jeder Schüler kennt, und die einen Teil der nationalen Identität bedeutet.
Das brachte Willem auf den Gedanken, diese Reise einmal nachzuvollziehen und Hennes war sogleich begeistert. Als die Wettervorhersage günstig war, begann bei hereinbrechender Dunkelheit eine denkwürdige Reise, die von der Insel Hilsöj bei Arendal zum rund 80 Seemeilen entfernten Hirtshals in Dänemark und wieder zurückführte. Auf der Rückfahrt war ein Fass mit Weizenkörnern an Bord, als Erinnerung an den Zweck der literarisch verewigten Reise. Mit sehr eindrucksvollen Dias unterlegt, erzählte Hennes von der Vorbereitung der Reise, Erlebnissen auf See und davon, wie die Öffentlichkeit diesseits und jenseits des Skagerak darauf berichtete. Und ein ganz klein wenig konnte man ihm auch heuite noch die Freude und Befriedigung anmerken, eine solche Reise unternommen zu haben. Dazu hat er sicherlich allen Grund: Die Maße einer 17" Arendal-Sjekte sind ja nur: LWL 4,20m, Breite 1,60m und Tiefgang 0,50 m, Segelfäche 10 qm.
Wer Arendal-Sjekten mal in Aktion sehen möchte:


Die Sjekte ist als Bootsform in Skandinavien weit verbreitet. Sie ist schon seit einigen Jahrhunderten nachweisbar. Oft wurde der Grundentwurf für bestimmte Reviere leicht angepasst. Sie war universelles Transportmittel für Kleinvieh, Familien zur Hochzeit oder Beerdigung oder auch zur Kirchweih bzw. Gottedienst. Sie können gut gerudert und, wie man sieht, auch sehr gut gesegelt werden.