09.09.13 Werfttage

Wir hatten uns schon vor Monaten angemeldet: Der jährliche Werfttermin ist ein Fixpunkt im Kalender der WIEBKE BOHLEN. Jeder hat für sein Schiff einen eigenen Rhythmus für die Inspektion und Pflege des Schiffes unterhalb der Wasserlinie. Besonders seit der Teredo Navalis, auch Terror der Meere sich hier immer weiter verbreitet, können Holzschiffe Opfer dieser Bohrmuschel werden. Sie gehören, so scheint es, neben Holzdalben zu den Lieblingsspeisen dieser Spezies, der schon Kolumbus neun seiner Schiffe opfern musste. Seit den antiken Römern werden ihretwegen Holzschiffe gerne mit Kupferplatten beschlagen. Leider bleiben dabei immer noch kleine ungeschützte Stellen übrig, die weiterhin mit Unterwasserschutzfarbe gestrichen werden müssen. Und unser Propeller muss auch gereinigt werden. Er ist anscheinend bei den Seepocken als Siedlungsgebiet besonders beliebt. Besonders bei langen Zeiten ohne Maschinenantrieb wachsen die lieben Tierchen aus der Familie der Krebse mit
AKELA aus Kopenhagen, Baujahr 1951
WIEBKE Bohlen steht auf dem Steert
wahrer Wonne. Zusammen mit Algen und Miesmuscheln bilden sie ein vielfältiges Biotop. Alle Versuche, diesem Treiben mithilfe der Farbenchemie ein Ende zu bereiten, sind bisher gescheitert. Auch die verschiedenen "Geheimtipps", die gerne an der Hafenkante weitergegeben werden helfen nicht in der Sache. Sie sind meist nur Anlass zur allgemeinen Heiterkeit, wenn sie wieder einmal von Gutgläubigen befolgt werden. Schlussendlich müssen die traditionellen Verstellpropeller regelmäßig geschmiert werden. Das geht in diesem Fall über eine Gewindebohrung in der Propellernabe. Sie ist natürlich mit einem Verschlussstopfen gesichert, bevor das Schiff wieder zu Wasser gelassen wird.
Als wir bei der Werft ankommen, liegt dort eine klassische Jacht aus Kopenhagen: AKELA. Ihre Kielbolzen müssen nachgezogen werden. Und das Rigg ist nach der Kongelig Classik etwas durcheinander. Da war gab es  vielleicht doch ein bisschen viel Wind für das alte Mädchen.
Im Stau auf der Slipbahn
Nun sollen wir aufgeslippt werden. Unsere WIEBKE BOHLEN, Nachbau einer Kreuzerjacht von Colin Archer aus dem Jahr 1902, hat einen ungewöhnlichen Lateralplan. Der Vorsteven reicht bis hinter den Großmast. Deshalb muss die erste Unterstützung durch den Slipwagen etwa in Schiffsmitte sein. Das ist so weit hinten, dass wir seit über zwölf Jahren auf der Werft immer wieder Überzeugungsarbeit leisten müssen. Den Klüverbaum haben wir für eine bessere Gewichtsverteilung eingezogen.  Zur Sicherheit müssen sich zusätzlich alle Mann an Bord beim Besanmast aufhalten, damit unser gutes Stück nicht auf die Nase fällt. Erst wenn sie aus dem Wasser ist, kann der Bug weiter vorne zusätzlich unterstützt werden.
Man beachte die Treppe: Mit Trittstufen und Handläufen.
Durchaus auch für ältere Semester geeignet
Langsam ruckt der Slipwagen an, Schiff und wir mit ihm. Früher war die Verständigung mit dem Mann an der Winsch rein optisch durch Handzeichen oder akustisch durch Zuruf. Heute geht er neben dem Schiff an Land und bedient die Winde mit einer Fernbedienung. Und weil das wie gesagt sehr langsam geht, wird auch nebenbei das eine oder andere Telefongespräch mit dem Handy erledigt, das er in der anderen Hand hält. Wir überlegen, was wohl passiert, wenn er versehentlich versucht mit der Fernbedienung zu telefonieren.
Aber das hat er wohl gut im Griff und wir nähern uns dem Kutter, der vor uns, weiter oben auf der Slipbahn umgebaut wird.
Wir erkundigen uns, ob vielleicht schon einmal Schiffe auf diese Weise gerammt wurden, und malen uns Titelzeilen in der Zeitung aus: "Egernsund - Jacht rammt Fischkutter auf dem Land" (Annie Proulx lässt grüßen). Das ist, so erfahren wir, auf einer anderen Werft schon einmal passiert. Der Mann an der Winde parliert mit einem Besucher und verliert ein bisschen die Übersicht. Damals soll das Schiff weiter oben auf der Slipbahn ein paar Meter weit mitgeschoben worden sein. Peinlich, peinlich. Sollte es nicht so gewesen sein, ist es zumindest nett erfunden und verkürzt uns die Wartezeit.
Wartezeit hatten wir dann nicht mehr. Aber am Sonntag waren wir schon fertig, und das Wetter hat durchgehalten. Erst bei der Rückfahrt nach Flensburg fällt dichter Regen aus tief hängenden Wolken. Aber das macht uns nicht mehr viel aus. Wir sind ohnehin reif für die Dusche.