24.10.13 Schiff ja, Museum nein

OLINE, Gast  im Museumshafen
Seit die ARCHE NOAH Flensburg vor zwei Tagen verlassen hat, haben wir nur noch zwei älteste Schiffe in Flensburg: FULVIA, das alte Paketschiff von 1898 und, noch älter OLINE, die Kvase von 1878. Sie wurde heute mit einem langen Artikel im Lokalteil des Flensburger Tageblatt bedacht. Er erscheint anlässlich des Stapellaufs vor 135 Jahren, als der segelnde Transporter für Lebendfisch in Frederikshavn vom Stapel gelassen wurde, als von Flensburgs "ältestem Museumsschiff". Schön wär's. Das mit dem Alter stimmt zwar, aber an dem Ehrentitel "Museumsschiff" müsste doch noch ein wenig gearbeitet werden.
In dem Artikel kommt der Eigner mit dem Wunsch zu Wort, das Schiff möge aus seinem "langen rauen Leben erzählen" können. Viel mehr an rauem Leben als in seiner Zeit als Eigner wird das Schiff hoffentlich nicht erlebt haben, aber davon wird in dem Artikel nichts erwähnt. Und wenn er es der Nachwelt erhalten will, muss er noch ein bisschen was machen. In den letzten drei Jahren ist ja nicht so wahnsinnig viel passiert. Nun ja, was nicht ist, kann ja noch werden.
Aber vielleicht hat der Schreiber des Artikels nur einen feinsinnigen Hinweis geben wollen, um auf ein paar Widersprüche aufmerksam zu machen. Der Begriff "Museum" ist hierzulande, zumindest wenn sie in privater Hand sind, nicht geschützt. Aber nach allgemeinem Sprachverständnis vermittelt ein Museum immer auch ein Verständnis für die Kultur der Zeit, aus der das Exponat stammt. Was bei OLINE zu besichtigen ist, gehört derzeit sicherlich nicht in diese Kategorie, es sei denn, man nennt alles Alte museal.
Der Zustand von OLINE ist ein Symptom für das allgemeine Dilemma, in der sich die ganze Szene der Traditionsschiffe und was sich dafür hält, befindet. Zwar bekundet der liebe allsorgende Vater Staat ein dringendes Interesse an der historischen maritimen Kultur, die es für die Nachwelt zu erhalten gilt. Aber wenn es zum Schwur kommt, wie zum Beispiel der Frage was denn ein Traditionsschiff ist, genügen ein paar schwarze Flaggen auf Schiffen während Hafenfesten um wegen des "Fremdenverkehrs" der durch klare Richtlinien gefährdet sei, ein Moratorium zu entscheiden. Da ist von Bewahrung der Kultur schon gar keine Rede mehr.
So kann es durchaus dazu kommen, dass ein Zerrbild von als Piraten verkleideten Seeleuten als zugkräftiger eingeschätzt wird als Demonstrationsfahrten zum Thema Fischerei nach historischen Methoden. Die sind nämlich verboten. Historische Frachtsegler müssen nach denselben Standards ausgerüstet sein wie die modernen Berufsfahrzeuge, wenn sie Fracht transportieren wollen. Nur aus diesem Grund werden Fischerei- und Frachtsegler unterschiedslos zu Personenschiffen umgerüstet. Von den Traditionsschiffen im Museumshafen kann nur FULVIA als ehemalige Personenfähre auf der Route Grena - Anholt in seiner ursprünglichen Betriebsweise gefahren werden. Will jemand ein historisches Schiff tatsächlich in seiner ursprünglichen Art bewahren und betreiben, dann steht er mit der Aufgabe mutterseelenallein an der Hafenkante. Für die Instandsetzung und den Unterhalt muss er oder sie komplett selber sorgen und darf doch nur Touristen schippern. Dadurch entsteht ja erst die Versuchung, wegen der notwendigen Einnahmen beim Erhalt der historischen Substanz Kompromisse zu schließen. Beim Betriebskonzept reden schon Verwaltungsbeamte mit und im Hintergrund lauert die Gefahr, dass die Betriebserlaubnis versagt wird.
So kann das nicht weitergehen. Wenn der Staat etwas tun will, um Kulturzeugnisse zu erhalten, muss er das der Kultur zuliebe tun und aus keinem anderen Grund. Dann, aber nur dann, haben die wirklich historischen Schiffe, die es ja auch noch gibt, eine faire Chance.