20.01.14 Warten auf Rettung

Ein Teil des Schandeckels hängt an der Klüvergei
Die Rah gebrochen, das Schanzkleid durchlöchert,
Fensterrahmen aus Bronze abmontiert, Türen fehlen ....
Am Bohlwerk läuft seit zwei Jahren ein Trauerspiel. Neben dem Historischen Krahn wo die Wasserfläche des Museumshafens endet, schließt sich ein Teil des Hafens an, der zur Museumswerft gehört. Auf der Seite des Museumshafens liegt dort zur Zeit UNDINE, der letzte segelnde Frachter Deutschlands. Er wartet auf das Winterende und damit auf den Anfang seiner Saison im Liniendienst von Hamburg nach Sylt.
Dahinter, schamhaft von UNDINE verborgen, liegt LILLE BJØRN, ex CHRISTIAN BACH und wartet ebenfalls. Die alte Brigantine lag bis zum 24. März 2012 in Gråsten, gehörte den dänischen See-Pfadfindern und war damals schon ziemlich heruntergekommen. So sehr heruntergekommen, dass sie verkauft wurde, als die dänischen Behörden ein Schwimmfähigkeitszeugnis verlangten. Selbst in diesem Zustand war der Preis günstig. Das Schiff soll für einen ganzen Euro seinen Besitzer gewechselt haben. Der brachte LILLE BJØRN umgehend nach Flensburg zur Museumswerft. "Hurra", riefen die Freunde alter Segelschiffe, "schon wieder wird ein bewahrenswertes Schiff gerettet". Der neue Eigner hatte große Pläne und wollte das Schiff retten. Rettung schien überhaupt sein Lebensmotto zu sein. Er hatte sein Leben der Rettung der großen Meeressäuger gewidmet. Deshalb verzierte er das Schiff unverzüglich mit der Aufschrift "Whales forever". Inzwischen sammelte er Spenden zur Rettung der Wale, zur Rettung seiner Kunst und zur Rettung von dies und das. Irgendwann ist er den Versuchungen des Fund Raising erlegen. Die Justiz behauptete, er habe Spendengelder unterschlagen. Dann wurde er einige Zeit nicht mehr gesehen. Die Liegegelder blieb er, so heißt es, der Museumswerft schuldig und so wechselte LILLE BJØRN schon wieder ihren Besitzer. Wieder hörte man "Hurra!" und  wähnte das Schiff in den richtigen Händen. Eine Werft! Nun dauert es nicht mehr lange bis zur Rettung.
Seitdem sind wieder einige Monate ins Land gegangen. Mittlerweile ist die Rah gebrochen; sie war nicht vorschriftsgemäß angebrasst und fiel dem Ablegemanöver eines Traditionsschiffs zum Opfer.  
Einige Monate später verabschiedeten sich Teile der Verschanzung. Im Herbst letzten Jahres verschwanden die Fensterrahmen aus Bronze und die Türe im Deckshaus verschwand gleich mit.
Seitdem regnet es direkt in den hölzernen Schiffsrumpf und die Wasserlinie wandert langsam aber sicher weiter nach oben. Und das Schiff wartet weiter.
Jetzt hat sich ein Teil des Schandecks am Bug verabschiedet: Es hängt nur noch an der Klüvergei. Wer wollte, könnte sie an Deck ziehen, damit sie nicht ins Wasser fällt und als Treibgut andere Schiffe beschädigt. Aber vielleicht wartet der noch auf seinen Einsatz in diesem Trauerspiel.