04.03.15 PIROLAs Unterwäsche

PIROLA hoch und trocken bereit zur Unterwäsche
Kaum zu glauben, besonders Schiffe, die das ganze Jahr lang ihren Bauch im Wasser haben, müssen von Zeit zu Zeit "untenrum" gewaschen werden. Dei Wäsche ist nicht so oft wie bei uns Menschen fällig, aber einmal pro Jahr sollte es schon sein. Heute ist es bei PIROLA wieder soweit. Trotz giftiger Unterwasserfarbe wachsen
Organismen auf der Oberfläche, Algen Muscheln, das ganze Programm mariner Pioniere. Hat sich erst einmal eine genügend dicke Schicht gebildet, wachsen weitere auf den schon vorhandenen Siedlern. Sie vergrößern den Widerstand, den das Schiff dem strömenden Wasser bietet. Es wird langsamer und braucht fürs Weiterkommen mehr Energie. Starker Bewuchs auf der Schiffschraube kann sogar den Antrieb zunichte machen. Soweit soll es nicht kommen und deshalb heisst es immer wieder mal "auf zur Unterwäsche".
"Auf" gilt heutzutage wörtlich; tatsächlich wird das Schiff aus dem Wasser und an Land gezogen. Da steht es dann "hoch und trocken", wie die Seeleute sagen. Geht es um die Unterwäsche, sollte der Belag jedoch abgewaschen sein, bevor der Rumpf trocknet. Der Bewuchs haftet ohnehin sehr fest, angetrocknet hafter er noch stärker. Ganz dicker Bewuchs wird zuerst mit einem Schaber abgekratzt. Das kann im Einzelfall ziemlich anstrengend sein. Wer sein Schiff nur alle Jubeljahre reinigt, sollte gute Freunde haben, denn die Arbeit muss erledigt sein, bevor alles getrocknet ist. Nach dem Kratzen kam früher der Schrubber zum Einsatz, heute ist es meist der Hochdruckreiniger. Während man mit dem Schrubber nicht viel falsch machen kann, sollte der scharfe Wasserstrahl des Hochdruckreinigers bei Holzschiffen mit Sinn und Verstand eingesetzt werden. Sonst schadet man dem Rumpf mehr als unvermeidbar. Die Plankennähte sind besonders gefährdet. Bleibt der Wasserstrahl zu lange auf der Versiegelung, kann sie beschädigt werden. Ist das passiert, hilft nur noch eine Reparatur. Im schlimmsten Fall müssen die Planken-Nähte und -Stöße vor dem Anstrich mit Unterwasserfarbe neu kalfatert und versiegelt werden.
PIROLA ist aus Stahl gebaut, da gibt es dieses Risiko glücklicherweise nicht.
Kielholen: Das ganze Schiff wurde auf die Seite
gelegt um am Unterwaaserschiff zu arbeiten.
(Quelle: HAFENBLATT 37, Flensburg)
Viele Schiffseigner reinigen die Antriebsschraube mit besonderer Hingabe. Sie wienern und polieren als hätten sie die wertvollsten Stücke der Reichskleinodien vor sich. Sie hoffen, den Bewuchs auf dem "Quirl" dadurch hemmen oder gar vermeiden zu können. Vergebliche Mühe, bald wird das gute Stück wieder von neuem besiedelt werden, besonders, wenn es im Wasser oft dem Tageslicht ausgesetzt ist.
Früher, als die "Schiffe aus Holz und die Männer aus Eisen" waren, ließ man
PIROLAs Antriebsschraube
Schiffe in Gezeitengewässern trocken fallen und nutzte die wenigen Stunden mit Niedrigwasser, um den Rumpf zu reinigen und notfalls zu reparieren. Wo es keine oder nur geringe Gezeiten gibt, wurden Schiffe "kielgeholt". Das war eine aufwendige Prozedur. Die Schiffe wurden gegen das Ufer abgepallt und dann mit starken Taljen, sogenannte Gien, an ihren Masten auf die Seite gelegt. Zuvor musste natürlich innen alles gesichert und notfalls versteift werden. Im Schifffahrtsmuseum Flensburg kann der Besucher heute Modelle sehen, die zeigen, wie das früher war. Tatsächlich soll es eine Stelle im Bereich des heutigen Bohlwerks für das Kielholen gegeben haben.
So gesehen ist PIROLA auf der Museumswerft schon am richtigen Ort.
Jetzt ist der größte Teil der Algen, Muscheln, und Seepocken schon abgewaschen. Auch heute wird die Gelegenheit genutzt, den Rumpf sorgfältig zu untersuchen. Eine unangenehme Entdeckung: Viele der Opferanoden sind vollständig aufgebraucht. Dabei wurden sie erst vor einem Jahr neu angebracht! Ein beträchtlicher finanzieller Schaden.  Zusätzlich bleibt die beunruhigende Frage "Wie konnte das passieren?" Denn erstens nutzen sich die Opferanoden nicht so schnell ab und wenn, dann nicht nur auf einer Seite des Rumpfes.
Bis das sorgfältig geklärt ist, bleibt nur eine - naheliegende - Vermutung: Das Schiff hat möglicherweise einmal mit der betroffenen Seite nahe bei einem großen Objekt aus Metall gelegen, das elektrisch unsachgemäß angeschlossen war. Zu dem kann sich ein Stromkreis aufgebaut haben, der die Opferanoden aufgefressen hat.
Soweit die schlechte Nachricht. Eine gute Nachricht zum Schluss: Die Opferanoden haben haben sich ihrer Bestimmung gemäß für das Schiff geopfert. Der Rumpf und die Antriebsschraube scheinen unversehrt zu sein.