06.11.15 Ernst Nicol, ein Flensburger gibt mehr Sicherheit auf See



Schiffe schwimmen, Schiffe sinken; das ist so seit der Mensch versucht, die Meere zu bezwingen. Schon früh versuchte man, mit Schwimmkörpern aus Kork und aufgeblasenen, geölten Leinensäcken die Seefahrt sicherer zu machen. Mit der modernen Passagierschifffahrt wurden mehr Menschen befördert und die Anzahl der Schiffbrüchigen stieg mit jedem Untergang - die Chancen in offenen Booten zu überleben waren gering. Die Gefahr zu kentern, zu ertrinken, zu erfrieren oder beim Zuwasserlassen der Boote ins Meer geworfen zu werden war größer, als gerettet zu werden.
Seit dem Unglück der Titanic gibt es die SOLAS (safety of life at sea), die erstmals internatinonal verbindliche Sicherheitsvorschriften formulierte.
Rettungsboote, Schwimmwesten und Regeln bei Schiffsunglücken wurden allgemein verbindlich.



Heute  ist das geschlossene Rettungsboot, kentersicher und mit Antrieb Standard, entwickelt von Ernst Nicol, der schon als Junge von Schiffen begeistert war - an die 300 Knetmodelle hat er von 10 Jahren an gefertigt!  Der Weg zum Schiffbauer und später Konstrukteur war vorgegeben. Leider nach der Lehre in Flensburg (FSG) eine Unterbrechung der Berufslaufbahn als Soldat und Kriegsgefangener.
Dann Schiffbauer in Flensburg bei der Maschinenbauanstalt Johannsen & Sörensen. Als bei der Husumer Werft Gebr.Kröger eine Stelle für Panung und Einkauf frei war, griff er zu und in seiner Arbeit als Konstrukteur prägte er die Küsten- und Fördeschifffahrt.  Erst nur kleine Einheiten, die von Besatzungsmächten zur Versorgung der Bevölkerung gestattet wurden, Kümos von 300 BRT (ähnlich Caroline Samsø), später Containerschiffe, Schwerlastschiffe, Behördenschiffe, Fahrgastschiffe,
Fischereifahrzeuge und Yachten (SANCOUSSI STAR im Flensburger Hafen hat er entworfen).
Und als die Fördeschiffe noch schön und schnittig waren, kamen sie von seinem Reißbrett (damals wurden Entwürfe noch mit Tusche gezeichnet, nicht mit CAD).
Die Beobachtung einer schwimmenden Dose brachte den Schiffsbauingenieur Ernst Nicol auf die Idee, sich mit der Verbesserung der Rettung auf See zu befassen. Nicht in seiner 60- Std.-Arbeitswoche, sondern in seiner Freizeit (mit der Erlaubnis seines Arbeitgebers, der in Entwicklung und Bau eines geschlossenen Rettungsbootes keine Zukunft sah). 1954 war die Konstruktion fertig und die langwierigen Anmeldungen zu Patenten begannen. Dabei wurde er von seiner Frau Leni tatkräftig unterstützt, die alle Anträge schrieb und an seine Arbeit glaubte.



In zehn Ländern hat Nicol Patente angemeldet, ein groß Teil des Privatvermögens investiert und gegen alle Widerstände (es waren nur offene Boote von SOLAS zugelassen) wurden1957 die ersten geschlossenen Rettungsboote auf deutschen Seeschiffen installiert. 1960 wurden international  erstmals geschlossene Rettungsboote zugelassen. Erst 1983 wurden geschlossene Rettungsboote als internationaler Standard vorgeschrieben (23 Jahre später!).Der Vordenker ist nicht reich geworden, die Aufrechterhaltung von Patenten ist sehr teuer und Ideen einmal ausgebildet werden international weiter entwickelt und kopiert. Er weiß nicht, wie viele Seeleute durch seine Erfindung gerettet wurden, meint er bescheiden. Schiffsunglücke gibt es immer noch und die Männer auf See werden dankbar sein, wenn sie überleben. Seine Pläne und Modelle hat Ernst Nicol dem Schifffahrtsmuseum seiner Geburtsstadt Flensburg vermacht.

Ab Sonntag ist ein Teil der historisch einzigartigen Sammlung in der Ausstellung "Unsinkbar" bis zum 29. Mai 2016 im Flensburger Schifffahrtsmuseum zu sehen.