06.03.17 Der Lack ist ab

Raum ist in der kleinsten Hütte. Nicht nur für das "glücklich liebend Paar" sondern auch für Liebhaber eines traditionellen Gaffelseglers. Jetzt, knapp vor Saisonbeginn juckt es in den Fingern. Nur noch 11¹⁄₂ Wochen bis zur Rum Regatta! Und draußen fällt nach ein paar wenigen sonnigen Tagen wieder Schneeregen vom grauen Himmel. Vorgestern erst ging der Gedanke nicht aus
Hier warten Besanbaum und -Gaffel und Fockbaum
und Bootshaken auf die erste Lackschicht.
dem Kopf "sollte man das trockene Wetter nicht doch nutzen und die Winterplane abnehmen?" Gut, dass es bei dem Gedanken blieb. Aber könnte man bei dem Sauwetter nicht doch wenigstens ein paar Blöcke lackieren? Und der Bootshaken, den müsst man doch auch ...?".  Nein, nicht in der Wohnung. Aber im Gang vor dem Kellerabteil da könnte man so was machen. Nur ein bisschen umräumen und den Bauch einziehen, dann müsste es doch gehen! 
Und wie man sieht, geht es tatsächlich. Ohne die laut jaulende elektrische Schleifmaschine oder gar den kreischenden Winkelschleifer haben auch die Nachbarn nichts gegen unseren Arbeitsdrang einzuwenden. 

Noch vor der Lackierung entscheidet das Schleifen, ob die Arbeit mit einem guten Ergebnis belohnt wird. Das gute Ergebnis: das sind mindestens vier, besser acht Aufträge eines Lacköls, mit dem wir seit Jahren unsere Naturholzflächen behandeln. Es hat für uns den oftmals unterschätzten Vorteil, dass es im Vergleich zu 2-Komponentenlacken leicht von Hand zu schleifen ist. Und ein Handschliff (ohne Schleifklotz) vermeidet, dass einzelne unebene Partien in der Oberfläche bis auf das rohe Holz durchgeschliffen werden. Bei der geringen Dicke einer guten Lackschicht kann schon nach wenigen Zehnteln eines Millimeters der rohe Holzuntergrund erreicht sein. Auch gut behandelte Oberflächen sind uneben, sodass der Schleifteller einer Schleifmaschine die erhabenen Stellen zuerst abträgt. Dazu kommt, dass wir es auf einem Boot in der Regel mit gewölbten Flächen zu tun haben und sich die gewachsene Maserung am Ende der Saison als Relief in der Oberläche leicht abzeichnet. Deswegen nehmen wir gerne das Schleifpapier in den bloßen Handteller oder  einen Klotz aus nachgiebigem Schaumstoff oder ein Stück dicken Teppich. Es muss ja nicht das gute Erbstück aus Persien sein.  

Weil unser Boot überschaubar groß ist, können wir die Lackierung komplett mit eigenen Händen erledigen. Das ist wörtlich gemeint. Elektroschleifer oder gar eine Flex (vulgo: Winkelschleifer) setzen wir äußerst selten ein. Auch den Rumpf und die Masten halten wir auf diese Weise unter Lack. Das ist effizient, preiswert und schont die Nerven. Im Vergleich zu anderen Methoden geht die Arbeit zumindest gleich schnell vonstatten und das Schleifpapier hält länger als in der Maschine. 

Wir schleifen bei der Wartung in der Regel mit 80-er Körnung. Wenn die Lackpartien tatsächlich einmal ganz herunter geschliffen werden müssen, darf es auch schon mal gröber sein, wenn nicht ohnehin die Ziehklinge drankommt. Die meisten Beschläge bauen wir für die Lackierung ab. Die Zeit dafür holen wir beim Schleifen wieder rein.

Leider können wir nicht vermeiden, dass der Lack an einzelnen Stellen im Gebrauch durchgescheuert wird. In dem Fall sichern wir die Stelle noch während der Saison. Mit anderen Worten, wir segeln mit dem Pinsel in Bereitschaft. Das spart Zeit und Aufwand bei der Wartung im Winter.  Durchgearbeitete Stellen werden separat vorgezogen und bekommen erst einmal vier Lagen . Erst dann schleifen wir die ganze Fläche. Sie bekommt anschließend weitere zwei bis drei Lagen Lack. Die ersten Lagen sind eher dünn aufgetragen, die letzte soll satt, aber ohne "Girlanden" den richtigen Glanz liefern. Das reicht dann im allgemeinen für die kommenden Monate.