18.05.18 Zwei Projekte im Vergleich

In Flensburg werden derzeit zwei historisch bedeutende Schiffe originalgetreu nachgebaut. Von beiden gibt es nur noch Fragmente der ursprünglichen Rümpfe und beide benötigen zu ihrer Fertigstellung gleich hohe Budgets. Das eine ist FEUERLAND, ein ehemaliges Expeditionsschiff. Das andere eine 12mR Yacht, die JENETTA. Während das Projekt FEUERLAND auf der Museumswerft gerade angelaufen ist, hat das Projekt JENETTA bei der Robbe & Berking Classics ein paar Monate Vorlauf. 


FEUERLAND
Am achten Mai begann die originalgetreue Restaurierung des historischen Schiffes auf der Museumswerft Flensburg. Sie wurde dafür vom Förderkreis Kulturdenkmal Expeditionsschiff FEUERLAND e.V. ausgewählt. 

FEUERLAND einst: 1928 im Atlantik
FEUERLAND jetzt: auf der Museumswerft angekommen
Das Schiff hat seit seiner Fertigstellung im Jahr 1927 in Büsum ein wechselvolles Schicksal durchlebt. Der Fliegerheld und Forscher Günther Plüschow hat das Schiff 1927 für seine zweite Südamerika-Expedition bauen lassen. Er nutzte sie als schwimmende Basisstation für sich und seine Crew. Schon 1929 musste er sie aus Geldmangel an einen englischen Schafzüchter verkaufen. Sie bekam den Namen PENELOPE und machten mehrere Reisen für eine Familie Hamilton. 1938 wurde das Schiff aufgelegt. Im Jahr 1946 kaufte die Regierung der Falklandinseln die PENELOPE und so fuhr sie die nächsten Jahre als Transporter zu entlegenen Farmen auf den Falklandinseln. Als Kapitän Buchner, der die Falklands 2001 mit einem Expeditions-Kreuzfahrtschiff besuchte, die FEUERLAND entdeckt und gekauft hatte, versuchte er das Schiff auf eigenem Kiel nach Büsum zu fahren. Aber das Deck war mittlerweile undicht und die Sicherheit der Besatzung durfte nicht gefährdet werden. So kam die FEUERLAND schließlich 2006 mit dem Containerschiff MONTE CERVANTES nach Hamburg. Von da aus besuchte es noch einmal seine "Geburtsstadt" Büsum und kam anschließend zu seiner bislang vorletzten Station wieder nach Hamburg auf die Werft des Vereins "Jugend in Arbeit". Nun erreichte sie Flensburg als vorläufig letzte Station - auf einem Sattelschlepper. Die wechselvolle Geschichte hat - man sieht es auf den ersten Blick - tiefe Spuren an dem Rumpf hinterlassen, der jetzt hier restauriert werden soll.

Wenn das Projekt FEUERLAND auf der Museumswerft in Flensburg eines Tages erfolgreich abgeschlossen sein wird, ist vermutlich von dem jetzt auf dem Gelände an der Schiffbrücke aufgepallten Rumpf nicht mehr viel übrig geblieben. Kurz gesagt: Die Restauration wird voraussichtlich auf einen Neu- oder Nachbau herauslaufen. Dafür wurde als Kostenrahmen rund eineinhalb Millionen Euro veranschlagt. 

JENETTA
JENETTA einst
Foto: Robbe & Berking Classics
Die Werft Robbe & Berking Classics hat sich auf den Bau und die Restauration Klassischer Yachten spezialisiert, die nach der "Meter-Formel" entworfen wurden. Nach erfolgreichen Projekten, wie die Restaurierung der SPHINX und der Neubau der Baunummer 434 von Johann Anker, soll jetzt die berühmte JENETTA zu neuem Leben erweckt werden. Das Projekt führt die Werft in eigener Regie durch, ein Käufer wird derzeit noch gesucht. 
JENETTA wurde 1939 von dem berühmten amerikanischen Yachtdesigner Alfred Mylne für den britischen Zuckerkönig Sir William Burton als 12mR Yacht gebaut. Das war ein Jahr, nachdem die FEUERLAND auf den Falklands aufgelegt wurde. Sie ist die längste ihrer Art überhaupt - und sie war auch eine der schnellsten. Auch sie hatte eine wechselvolle Geschichte und kam in den achtziger Jahren nach Kanada. Während ihre Erfolge auf den Regattabahnen verständlicherweise gut dokumentiert sind, ist über ihre späten
Jahre nur wenig bekannt. An ihren Resten war abzulesen, dass zuletzt Reparaturen mit ungeeignetem Material versucht wurden, bis sie vor zehn Jahren im Lake Pitt bei Vancouver sank. Was von ihr übrig blieb, hat Oliver Berking vor zwei Jahren im Container nach Flensburg geholt. 
JENETTA: nur die Kielsektion blieb erhalten
Viel ist nicht mehr von ihr zu gebrauchen, wenn man vom Ballastkiel absieht. Der ist allerdings sehr wertvoll. Denn ein Nachbau einer Yacht auf dem originalen Kiel, darf unter seinem ursprünglichen Namen im Yacht Register geführt werden. Zwei Jahre soll es dauern, bis die neue JENETTA vollendet ist.
Zufällig wird auch dieses Projekt mit etwa 1,5 Millionen Euro bewertet.  


Wir sind gespannt auf den Fortschritt der beiden Projekte, die kaum unterschiedlicher sein könnten, aber zufällig gleichzeitig in Flensburg für den selben Betrag jeweils einem historischen Schiff zu einem neuen Leben verhelfen sollen.