08.12.17 Mastkrahn und Mast kranen

Kaum hat man sich dran gewöhnt, schon ist er wieder weg.
Im Sommer bei Besuchern als Sitzgelegenheit so beliebt
wie eine Telefonleitung  bei den Schwalben. Jetzt im
feuchten Dezemberwetter liegt einfach nur so da.
Historie und Moderne, dazwischen ein Bohlwerk und knapp
dreihundert Jahre 
Seit gut einem Jahr lag der Baumstamm auf dem Bohlwerk, jetzt liegt er im Wasser und bald ist er weg. Aber ein etwa vier Tonnen schwerer Baumstamm verschwindet nicht einfach so.

Wäre jetzt Sommer, würde er den vielen Besuchern des Bohlwerks fehlen, ist er doch Ruhebank für Groß und Turnplatz für Klein zugeich. im gleichen Forst gewachsen wie der "Historische Krahn", der weiter nördlich auf dem Bohlwerk steht und Besuchern schon von weitem den Weg zum Museumshafen weist. Er ist die Kopie eines historischen Bauwerks, mit dem im 18. Jhd. Masten in Segelschiffe gesetzt und mit dem sie auch wieder herausgezogen wurden, wenn eine Reparatur fällig war.

Die Zeit ist vergangen, der Zweck ist geblieben. RYVARs
Mast, gezogen vom modernen Nachfolger des "Historischen
Krahns von 1726
Schon morgens wurden auf RYVAR, dem roten Logger vom Museumshafen, Schäkel gelöst, Wantenspanner abgebaut, Kabel getrennt. Fallen und Stagen sortiert und an den Masten festgebunden, bis die Bäume und Gaffeln auf das Deck gehievt werden können. Die mussten abgebaut werden, um die Masten zu "ziehen", d.h. aus der Mastspur auf dem Kiel zu lösen und aus dem Rumpf zu heben. Da liegen sie nun und machen Platz für die jetzt frei stehenden Masten. Mittlerweile ist der große moderne Autokrahn angekommen und  in Position gegangen.
Zuerst hilft er, den Baumstamm, der einmal den neuen Großmast des hundertjährigen Seglers abgeben wird, auf die Plattform des Bohlwerks zu bewegen. Denn dort, wo er bislang lag, soll der alte Großmast der Ketsch liegen um den Gästen am Bohlwerk den mittlerweile gewohnten Sitzkomfort zu bieten. Und den Kindern den Balancierbalken, wenn genügend Platz ist.
Jetzt werden die Gurte an den Mast angeschlagen um ihn vorsichtig anzuheben. Zuerst der Großmast. Der Krahnführer legt ihn auf dem Bohlwerk ab. Der Besanmast kommt danach an die Reihe und findet seinen Platz auf dem Seitendeck des ehemaligen Frachtseglers.
Bevor der Tag zu Ende ist, muss der alte Großmast von allen Stagen, Wanten, Fallen, Kabeln und Leinen, Instrumenten und Lichtern, Blöcken und Beschlägen befreit werden. Die werden schließlich gebraucht, wenn aus dem Baumstamm ein neuer Mast gebaut wurde. Auch die Stenge muss noch abgebaut werden. Das kann bis morgen warten, denn es wird jetzt früh dunkel und mit der  Dämmerung kriecht eine dünne Eisschicht auf die historische Anlegebrücke.
Und der Baumstamm? Der liegt jetzt im Hafenwasser neben dem roten Stahlrumpf der RYVAR. Da wird er nicht nicht lange liegen bleiben. Davon später mehr.

Neben aller Geschäftigkeit, die wir heute zu sehen bekommen, bleibt Zeit für einen Moment, in dem Geschichte sichtbar wird: Der moderne Autokran an einem Ende des Bohlwerks und am anderen Ande die Kopie des historischen, der für den selben Zweck errichtet wurde. Ob jemand dem modernen Kran in dreihundert Jahren eine Kopie widmen wird?  Wir wissen es nicht und wir werden es auch nie erfahren.